Orientaltours Reiseblog: Mystisches Sokotra – Die „vergessene Insel“ fernab der Welt

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Am Flughafen von Mouri angekommen, sehen wir bereits Ahmed, unseren Guide für die nächsten Tage. In einem braun gemusterten Wickelrock, fouta genannt, empfängt er uns freundlich. Wir steigen in seinen alten Land-Cruiser und fahren auf einem staubigen Weg entlang der Küste in Richtung der Hauptstadt Hadibu. Es ist derselbe Weg, dem frühere Entdecker mit ihren Kamel-Trecks folgten. Links von uns strahlt das Meer in intensivem Blau, rechts passieren wir eine wunderlich anmutende Landschaft aus Wüstenrosen und Drachenblutbäumen, deren dicker Stamm sich in knorrige Äste unter einem dichten Blätterdach verzweigt. Manche sind mehr als 1000 Jahre alt.

Sokotra, auch das „Galapagos des Indischen Ozeans“ genannt, war aufgrund seiner Ferne zum jemenitischen Festland über Jahrhunderte so isoliert, dass sich hier eine einzigartige und ursprüngliche Tier- und Pflanzenwelt erhalten hat – mit zahlreichen Arten, die nur auf der Insel existieren. Der Drachenblutbaum, ein Relikt aus der Kreidezeit, ist heute Symbol von Sokotra. Der Legende nach entstand der erste Drachenblutbaum aus dem Blut eines Drachen, der beim Kampf mit einem Elefanten verwundet wurde. Sein Baumharz, das sogenannte „Drachenblut“, wird heute zur Herstellung von Naturheilmitteln und Weihrauch genutzt.

Bevor wir in Richtung Süden aufbrechen, verbringen wir noch etwas Zeit in Hadibu. Hier fallen uns bereits Unterschiede zum arabischen und islamisch geprägten Festland auf. Es sind viele Frauen unterwegs, sie winken und sind fröhlich.

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Auf dem Bazar werden vor allem Aloe und das Harz des Drachenblutbaums gehandelt. Dieser endemische Baum ist seit jeher von so großer Bedeutung für die Insel, dass sich ihr heutiger Name „Suqutra“ wahrscheinlich auf ihn bezieht. Vermutlich aus dem Arabischen stammend bedeutet er so viel wie „Markt der Tropfen“, gemeint ist das tropfenförmige Drachenblutbaumharz, für das die Insel heute bekannt ist.

Gegen Abend erreichen wir die Diksam Homestay Campside, die uns für die nächsten Tage als Ausgangspunkt unserer Erkundungen dienen wird. Noch vor Sonnenuntergang beginnen wir eine kleine Abendwanderung. Fußläufig gelangen wir über das Diksam-Plateau zum atemberaubenden Aussichtspunkt von Shebahon. Unser Blick schweift über die karge Landschaft, die bedeckt ist mit einem Wald von Drachenblutbäumen, die eine mystisch anmutende Silhouette im Gegenlicht der untergehenden Sonne zaubern.

Wir erkennen, wie auf dem Hof eines Schäfers ein Feuer entfacht wird. Im Schein der Flammen sitzen mehrere Menschen und teilen sich heißen Tee mit frischer Ziegenmilch. Es ist spät geworden, beinahe Mitternacht, und der Vollmond hüllt die felsige Landschaft der Hochebene in silbernes Licht. Diesen magischen Moment im Gepäck machen wir uns auf den Weg zurück zum Camp.

Die Wanderung auf das Hochplateau erscheint am nächsten Tag einfacher als von Ahmed vorausgesagt. Auf trockenen Ziegenpfaden sind wir auf die Ostseite des Wadi Dirhur gelangt, wo es das größte Gebiet leicht zugänglicher Drachenblutbäume auf Sokotra zu entdecken gibt.

Vom Rand des Canyons sind die in Felsspalten gebauten Häuser der Beduinen zu sehen.

Im Wadi gibt es die Möglichkeit zu einem kühlen Bad. Erfrischt geht es weiter zum Firmihin-Wald, wo wir erneut von der Anmut und Schönheit der Drachenblutbäume fasziniert sind.

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Im Schatten eines Baumes sitzen Frauen und scheren Ziegen. Beduinische Sokotris im Inneren des Landes leben bis heute hauptsächlich von der Ziegenzucht. Wenngleich die Modernität auch hier immer mehr Einzug hält, in den Bergen stehen die Hirten im Morgengrauen auf und singen für ihre Ziegen.

Wir hören die Frauen in einer Sprache kommunizieren, die sich seit Jahrhunderten nicht verändert hat. Sie können nicht schreiben, denn ihre Sprache wird ausschließlich mündlich überliefert und so gibt ihr Ursprung bis heute Rätsel auf. Eine Sprache, mit der sie in lyrischen Versen oder Liedern mit Menschen kommunizieren, ebenso wie mit Tieren.

Vielleicht erzählen sie sich gerade die Geschichte von Kain und Abel, die so lange miteinander kämpften, bis so viel Blut floss, dass es auf die Berge von Sokotra tropfte. Aus ihnen sei der in der Welt einzigartige Drachenblutbaum gewachsen, den sie auch „Blut der beiden Brüder“ nennen.

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Spätestens jetzt spüren wir die Magie, die über der Insel in der Luft liegt und fragen uns, welcher Legende wir denn nun Glauben schenken dürfen.

Der Start der Wanderung nach Skand hängt vom Zustand der Straße ab, wie Ahmed uns sagt – wir haben Glück, es war schon tagelang trocken. Es geht über steinige und bergige Pfade, bevor die Felswand zu unserer Linken den Blick freigibt auf große offene Schluchten, Klippen und endlich – das Meer. Mit einer spektakulären Aussicht bis hin zur Nordküste ein großartiger Platz zum Verweilen!

Nach einem weiteren sich durch dichte Büsche schlängelnden Aufstieg erreichen wir die Spitze des Berges Skand. Auf 1500m Höhe sind wir nun offiziell am höchsten Punkt von Sokotra angekommen. Wieder haben wir Glück und genießen bei klarem Himmel einen kompletten Panoramablick über die Insel, jetzt bis hin zu beiden Küsten im Norden und im Süden.

Aufgrund des tropischen Wüsten- und Halbwüstenklimas erreicht die Insel im Sommer bis zu 34 Grad. In dieser Zeit wandern kaum Reisende oder Forschende durch die Berge, die Stürme des Monsuns, der zwischen Mai und September über das Archipel fegt, sind schlicht zu heiß für Besucher. Wir sind zur besten Reisezeit hier, es ist April.

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Am Ende des erheblich leichteren Abstiegs laden uns sokotrische Bewohner zu gezuckertem Tee und Ziegenmilch in ein Farmhaus ein. Der Einheimische Mohammed erzählt, dass sich die Menschen hier in Vorzeiten gewünscht hätten, Gott möge von ihnen fern halten, was hinter dem Meer sei. – Gerade so, als lebten sie allein auf der Welt und der Rest sei nur Wasser.

Mittlerweile, erzählt Mohammed weiter, lernten sie die Kultur und Bräuche der anderen kennen und lebten in Austausch mit ihnen. Sokrota gelte nun als sehr vielversprechend für die touristische Entwicklung im Jemen – doch dies bedeutet natürlich auch Risiken für die Kultur, die Ursprünglichkeit und Eigenständigkeit der Insel.

Während des Monsuns können zeitweise keine Flugzeuge auf der Insel landen, auch Schiffe gelangen kaum hierher. Dann wird das Meer für die Sokotris wieder zum Ende der Welt.

Wer nach Sokotra kommt, ist schnell überwältigt von seiner ursprünglichen Schönheit: lange menschenleere Strände, Fischerboote, von Delfinen auf dem türkisfarbenen Meer umkreist, riesige Sanddünen, die an zerklüftete Felswände geweht wurden, bunte Korallenriffe, zugleich schroffe Berglandschaften, tiefe Schluchten, Seen, in denen man schwimmen kann. Alles ist sauber, klar und von der Zivilisation unberührt.

Die Insel ist reich an archäologischen Stätten, die von ihrer christlichen Vergangenheit erzählen, und umrankt von zahlreichen Legenden. So besitzt Sokotra von allen Gegenden des Jemen die reichste und archaischste Mythologie. Man sagt, der sumerische Held Gilgamesch kam hierher, um das Geheimnis des ewigen Lebens zu ergründen. Die Alten Ägypter fanden auf Sokotra das Zuhause des Phoenix und woanders heißt es, hier befand sich gar der Garten Eden.

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Zur Zeit der Piraten und Seefahrer war die Insel ein sagenumwobener Ort am Rand der damals bekannten Landkarte. Man fürchtete die Inselbewohner ebenso wie die Stürme und gefährlichen Untiefen vor der Insel, denn es hieß, sie könnten ein Schiff in den Klippen zum Kentern bringen.

Dabei ist die Realität nicht weniger faszinierend als die Legenden: Noch zeigt sich die Insel wahrlich paradiesisch. Jeder Tag hier beginnt mit einem Konzert nie gehörter Vogelstimmen. Sokotras Stare schwirren durch die Drachenbäume und geheimnisvolle Pflanzen blühen auf Berghängen, auf die nie zuvor jemand einen Fuß gesetzt hat.

Zum Abschluss unserer Reise fahren wir zurück gen Norden an die Küste. Der Delisha Strand ist goldweiß mit sehr feinem Sand. Das Meer ist warm und flach ohne Felsen oder Korallen in Strandnähe. In der Ferne schmiegen sich riesige Dünen an die sich erhebenden Klippen. Dort gibt es ein paar sandige Flüsse, die zur Regenzeit Wasser ins Meer tragen. Weiße Krebse haben den Strand über Nacht mit Sandpyramiden geschmückt.

Vielleicht saß Marco Polo genau hier als er schrieb, die Inselbewohner seien Zauberer, die die Natur verhexten. Auch sieben Jahrhunderte nach dem Besuch des venezianischen Weltreisenden kann man sich auf Sokotra noch immer wie der Entdecker einer einsamen Insel fühlen.

Noch ist Sokrota vergleichsweise ursprünglich, doch der Fortschritt der modernen Zivilisation ist in den letzten Jahren auch hier angekommen. Bislang schützten die Bewohner die Natur und ihre Artenvielfalt durch ihre Lebensweise im Einklang mit der Natur.

Jetzt liegt es an uns allen, die wunderbare Lebenswelt dieser einzigartigen Insel mit ihrem Zauber und der sie umrankenden Mystik zu bewahren. Denn der Klang von Trommel und Schalmei während traditioneller Feste wie dem ramsa, ein sokotrisches Tanzfest mit Zeremonienmeister zur Vollmondzeit, soll auch in Zukunft noch über die Insel schallen.

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Vom Strand aus beobachten wir Familien, die unter massiven Felsen sitzen und picknicken. Unter einem anderen Vorsprung entdecken wir eine Gruppe von Frauen, die bei Musik tanzt, in bunter Kleidung, das Gesicht unverschleiert.

Abends gibt es für uns noch einmal ein für Sokotra typisches Mahl, das aus Reis mit Bohnen, Datteln und Ziegenmilch besteht. Wir genießen den Blick aufs Meer bis die Sonne untergeht. Morgen in der Frühe wird es zurück gehen in die Hauptstadt, eine faszinierende Reise geht zu Ende. Doch heute Abend gibt es noch einmal nur die Insel und ihre unberührte Natur…

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Text: Corinna Meyer

Fotos: Archiv Orientaltours / Thorsten Hansen

LINK ZUR REISE: SOKOTRA

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